Abwasserwärme

Umweltfreundlich Heizen und Kühlen mit Abwasser

Abwasser weist ganzjährig mit 10 bis 20 °C recht hohe Temperaturen auf, die deutlich über der des Grund- und Trinkwassers liegen. Mit Abwasserwärmetauschern kann diese Energie zurückgewonnen und durch eine Wärmepumpe zum Heizen und Kühlen von Gebäuden genutzt werden.

Großes Nutzungspotential

Die Abwasserwärme zählt laut Gebäudeenergiegesetz (GEG) als Umweltwärme zu den erneuerbaren Energien. Sie kann somit einen wichtigen Beitrag zur Einhaltung der GEG Vorgaben leisten.

Das Nutzungspotenzial dieser Wärme ist sehr groß: Wenn Abwasser beim Wärmeentzug um 1 Kelvin abgekühlt wird, werden aus 1 m³ Abwasser 1,16 Kilowattstunden (kWh) Wärme gewonnen. Damit kann – unter Nutzung der Antriebsenergie – eine Wärmepumpe rund 1,56 kWh Nutzwärme bereitstellen. (Quelle: Merkblatt DWA-M 114, Abwasserwärmenutzung, April 2020)

Gewinnung von Abwasserwärme

Energie lässt sich aus dem Abwasser grundsätzlich an drei Orten gewinnen: 

Im Bereich der Kanalisation kann der Wärmetauscher:

  • nachträglich auf der Kanalsohle befestigt werden. Das erfordert ein Kanaldurchmesser von > 400 mm. 
  • bei Kanalneubauten in das Kanalrohr integriert werden. Erforderlich hierfür ist ein Kanaldurchmesser von > 300 mm.
  • extern angeordnet werden. Hierbei wird ein Abwasserteilstrom aus dem Kanal entnommen, zu einem oberirdischen Wärmetauscher gepumpt und wieder in den Kanal zurückgeleitet.

Technologie der Abwasserwärme-Nutzung

Das Abwasser fließt über einen Wärmetauscher, der von einer kühlen Flüssigkeit durchströmt wird. Diese erwärmt sich und fließt anschließend zu einer Wärmepumpe. Dort wird die Wärme aus dem Medium des Wärmetauschers mit Hilfe von Strom auf ein höheres Temperaturniveau angehoben und in das Heizsystem gespeist, welches oft zur Abdeckung der Spitzenlast mit einem Heizkessel ergänzt wird.

Voraussetzungen für eine effektive Nutzung von Abwasserwärme

Parameter Voraussetzungen
Abwassermenge Tagesmittel ≥ 15 l/s
Abwassertemperatur Tagesmittel > 10 °C
Kanaldurchmesser zur Einbringung von Wärmetauschern ideal ≥ DN 800 mm
kein negativer Einfluss auf Kläranlage und Kanal  
geringe Entfernung zum Abnehmer ideal ≤ 100 m
Wärme-/Kältebedarf Abnehmer ≥ 100 kW
niedrige Betriebstemperatur Heizung  

Die Potentialkarte zeigt die Kläranlagen und das Abwasserkanalsystem des EVS im Saarland. Kanalabschnitte, die sich aufgrund der angeschlossenen Einwohnerzahl für die Nutzung von Abwasserwärme grundsätzlich eignen, sind darin blau und grün dargestellt. Der EVS übernimmt keine Haftung für die Vollständigkeit der abgebildeten Inhalte.

Die dargestellten Basisinformationen sollen eine schnelle Vorprüfung der möglichen Nutzung von Abwasserwärme zum Heizen und Kühlen im Bereich der EVS Abwasserkanäle ermöglichen. Ob die vorhandene Abwassermenge/-temperatur tatsächlich für den genauen Wärmeleistungsbedarf der zu versorgenden Gebäude ausreichend ist, muss nach dieser ersten Einschätzung individuell geprüft werden.

Zudem ist abzuklären, ob in den nächsten Jahren eine Bau- oder Sanierungsmaßnahme an dem Kanal geplant ist. In diesem Fall steht der entsprechende Bereich erst nach Ende der Maßnahmen zur Abwasserwärmenutzung zur Verfügung. Gegebenenfalls können hierbei jedoch auch Synergiemöglichkeiten bei gleichzeitiger Planung von Kanalsanierung und späterer Abwasserwärmenutzung genutzt werden.

Projektbeispiele

Das Betriebsgebäude der Kläranlage Saarbrücken-Brebach wird seit dem Frühjahr 2013 effizient und klimafreundlich mit Wärme aus Abwasser beheizt. Der EVS setzt die Technik zur Nutzung von Abwasserwärme im Rahmen dieses Pilotprojektes ein, um die technische Umsetzbarkeit, Zuverlässigkeit und Rentabilität zu untersuchen

Die Anlage besteht im Wesentlichen aus zwei Komponenten: einem Wärmetauscher und einer Wärmepumpe.

So funktioniert die Gasmotor-Wärmepumpe

Das Abwasser wird aus dem Belebungsbecken der Kläranlage über einen Wärmetauscher geleitet. Er entzieht dem Abwasser Wärme und führt sie über ein Zwischenmedium – ein im Gegenstrom fließendes Wasser-Glykol-Gemisch – der Wärmepumpe zu.

Die Gasmotor-Wärmepumpe, die deutlich effizienter arbeitet als konventionelle Wärmepumpen mit Elektroantrieb, hebt das Temperaturniveau an und speist die Wärme in das Heizsystem der Kläranlage ein.

Die jährliche Einsparung von Erdgas zu Heizzwecken liegt im Durchschnitt bei rund 100.000 Kilowattstunden pro Jahr. Die umweltbelastenden CO2-Emissionen werden um rund 20.000 Kilogramm pro Jahr gesenkt, was eine Reduzierung von 50 Prozent bedeutet.

Zur Deckung der Heizlast der Gebäude ist auf der Kläranlage Limbach seit 2018 eine Wärmepumpe mit einem Abwasserwärmetauscher, welcher dem Abwasser im Auslauf der Kläranlage die erforderliche Wärme entzieht, in Betrieb. Ergänzend hierzu kommt zur Unterstützung eine flüssiggasbetriebene Brennwerttherme zum Einsatz.

Als erste saarländische Kommune will die Gemeinde Saarwellingen in Zukunft für ihren geplanten Neubau der Festhalle und für das bestehende Rathaus auf die Nutzung der Energie aus Abwasser setzen. Hierbei sollen die Gebäude nicht nur mit Wärme, sondern auch mit Kälte versorgt werden. Der für die Energieerzeugung benötigte Wärmetauscher wird am Boden des Abwasserkanalrohrs platziert.

Ein entsprechender Vertrag zur Nutzung des Kanals wurde am 6. November 2023 von der Kommune und dem EVS als Inhaber und Betreiber des Hauptsammlers unterzeichnet.